Sonntag, 09.09.2001

HERBST, jetzt doch. In den Opiumhöhlen rund um die Nordhalbkugel gehen die Pfeifchen an, in Wien prüft man die Belastbarkeit der Fensterkreuze und die von Fidel Castro trainierten und auf die amerikanischen Küsten angesetzten Haie fordern einen schrecklichen Blutzoll unter den dicken US-Kids. Da holt man seine Tim und Struppi-Hefte wieder heraus, setzt sich unter die alte Stehlampe, die dieses warme, gelbe Licht verströmt und fühlt sich richtig gemütlich. Dazu läuft BRAN VAN 3000:

I am your state of mind

so why can’t you be

exactly like me

KULTURELL gesehen war das Wochenende durchwachsen: der BVB abgezockt von Bayern, der völlig mutierte Michael Jackson startet einen Relaunch (warum, um alles in der Welt, hat ihn Spielberg nicht in seinem Roboter-Melodram besetzt?), Lauterbach schwört der Rumfickerei ab und heiratet eine leicht unterbissige Brünette.

Ich blieb den ganzen Tag im Bett, weil BABY in Köln weilte, las eine Magda-Goebbels-Biografie und aß abends zwei Pizzen hintereinander, bevor ich mir im Sportstudio das tief frustrierende 0:2 noch mal ansah. Um 16.46 h hatte ich bereits eine höhnische SMS von DROESE, dem notorischen Bayern-Knecht erhalten. Ich war noch völlig ahnungslos und deshalb doppelt wütend.

Überhaupt DROESE: Vor 2 Wochen war ich mit ihm bei Green Day in der “Freiheit” Mit untrüglichem Killerinstinkt schoss er mich mit Wodka und Bier dermaßen ab, dass ich mit einem kaputten Handy und einem Kater endete, an dem ich 2 Tage zu knacken hatte. Jetzt liegt er, einem kapitalen Grönlandwal ähnlich, irgendwo in Spanien am Strand und denkt sich SMSen aus, in denen er sich als “Tagessieger Green Day” feiert.

GROSSE Freude über die Badefotos des Verteidigungsministers. In der nächsten Serie wird man sicher sehen, wie der liebesdulle Rudolf seiner Gräfin nach einem arbeitsreichen Tag an der Mazedonienfront abends vor dem Fernseher kleine, selbst zubereitete Schnittchen in den Mund schiebt, was diese zwischen zwei Happen mit einem Kuss auf seine Nase returniert. Oder vielleicht beim gemeinsamen Fußnägelschneiden?

Der turtelnde Dämlack ist wirklich TRASH und passt prima in die Badelandschaft des seichten Politainments, in der sich die Politikerdarsteller immer lieber tummeln. Man planscht in den Nichtschwimmerbecken der PremierTalkshows und pfeift beflissen die gerade populären Gassenhauer mit – die Mittelmäßigkeit dieser dümmlich-schlauen Figuren ist unglaublich.

SCHÖNE Aussicht an der Elbe – wir lagen unter einem Baum und betrachteten träge blinzelnd die vorüberziehenden Schiffe. Wir teilten einen Apfel und aßen Kokoszwieback. Es roch nach sattestem Sommer und ein wenig nach einem fernen Feuer. BABYS Waden waren in rötliches Gold getaucht. Wir lasen und rauchten und dösten in der hitzedurchtränkten Luft.