Sonntag, 01.07.2001

HOT IN THE CITY – jetzt ist es doch brüllend heiß in Eimsbush und Barmbek, oft drückend schwül. Zwischendurch krachen Gewitterfronten aufeinander und es schüttet wie aus Kübeln. Wir sind nachts auf die leergefegten Strassen raus und haben uns nass regnen lassen wie zwei Katzen. Auch heute ist es schwül in der Wohnung, aber durch das weit geöffnete Fenster sehe ich, dass in den grossen Bäumen gegenüber Wind aufkommt. Einen Block weiter hupt eine Auto-Alarmanlage. Ich spüre, wie die Dinge in Bewegung kommen...

BLACKBOX BRD war ein Erlebnis, ein hypnotischer, genial montierter Film. Es geht um zwei komplett unterschiedliche Biografien, die auf tödliche Weise miteinander verstrickt sind: RAF-Kämpfer Wolfgang Grams und Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen: der eine ein Kind der linken WGs mit moralischem Absolutheitsanspruch, der andere ein maßlos ehrgeiziger Aufsteiger mit einem späten Bekehrungs-Erlebnis. Die einfachen Eltern von Grams in ihrer Traurigkeit und dem gegenüber Herrhausens Witwe, elegant und genauso traurig. Dazwischen immer wieder der Konvoi aus drei gepanzerten Benz-Limousinen, aus dessen Mitte Herrhausens Wagen per Lichtschranke präzise herausgebombt worden ist.

Die Interviews mit Familien und Freunden sind sehr erhellend, sie liefern den Schlüssel zu den tieferen Schichten von Menschen, die man bisher mehr als halbreale Symbolfiguren zweier bis auf den Tod verfeindeter Lager wahrgenommen hat.

INSEKTEN tanzen vor dem Fenster, die eigentlichen Herren des Planeten, jedenfalls in der sichtbaren Dimension. Aber auch Parasiten sind beeindruckend. So las ich über einen Wurm, der im Laufe seines Lebens mehrmals sein Wirtstier wechselt und zunächst Elche befällt. Um auf seinen nächsten Wirt, den Wolf überwechseln zu können, veranlasst er den Stoffwechsel des Elches ein Geruchssekret zu produzieren, das Wölfe auf besonders weite Entfernung wittern können.

AUF andere Art bizarr war die “Dschungelnacht” bei Hagenbeck, bei der sich Familienverbände in Marschsäulen über schmale Wege durch den abendlichen Zoo wälzten. An jeder Wegkreuzung lauerten Leuchtspielzeug-Händler, die das Geschäft ihres Lebens machten und wir fanden uns inmitten einer Prozession von lärmenden kleinen Leuchtzwergen, die mich an einen St.-Martins-Umzug erinnerte. Dazu spielte eine Liveband Oldie-Rock und die Zootiere hatten sich, so gut es ging, ins Dunkle zurückgezogen. Nur ab und an konnte man zwischen dem Meer aus Köpfen die Silhouette eines Flamingos oder eines Seelöwen erkennen. Im Dschungel herrschte Stau, auch verursacht von den Schlangen vor den Eis- und Pommesbuden, die an strategisch wichtigen Punkten den Weg versperrten. Bevor das Feuerwerk gezündet wurde, machten wir uns auf den Heimweg.