Sonntag, 05.08.2001

DAS freitägliche Absinth -Trinken mit Hollow und dem Doktor war ein voller Erfolg. Man hatte mir versprochen, dass ich mich wie ein Möbelstück fühlen würde und in heller Vorfreude hatte ich mich schon gefragt, ob mir der Aggregatzustand eines Fernsehsessels oder der einer schweren Eichenschrankwand mehr zusagen würde. Tatsächlich schien ich mit dem Sofa, auf dem ich saß, zu verwachsen - in einem etwas abgehobenen, leicht klebrigen Zustand führten wir eine Art Kamingespräch über den Zustand der Welt - allerdings ohne Kamin. Genua erschien uns als Fanal - das die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit auf eine Bewegung lenkt, die ganz grundsätzliche Fragen zum Sinn jenes Hamsterrads aufwirft, das in seiner unerbittlichen Logik alles auf seine Verwertbarkeit reduziert. Zwischendurch legte Hollow mit langsamen Bewegungen Vinyl-Platten auf und es schien uns absolut plausibel, dass gewisse Gemälde in solchen Turns entstanden sind - in einem weltabgewandt-kreativen Grundrauschen. Die begleitende Wirkung des Alkohols war natürlich spürbar, allerdings auch nicht zu verwechseln mit der Wirkung dieses speziellen Stoffs. Später stemmten wir uns aus den Sesseln hoch, um noch eine Runde zu drehen. Auf imaginären, leicht schlingernden Hover-Boards bewegten wir uns durch einige Läden. In einem saßen die Leute in schweren Wohnzimmergarnituren aus den 70ern und 80ern. Der an einen leicht angeschlagenen Sektenprediger erinnernde rastagelockte DJ stand steif auf seiner stark erhöhten Empore und winkte zu den massiven Bassriffs mit der hoch erhobenen Hand. Es gab einige sehr gut aussehende Frauen dort und ich stellte fest, dass Absinth nicht nur kontemplativ, sondern irgendwie auch geil macht und eilte heim zu BABY.

DAS nervtötende Gezerre um die TV-Rechte für unseren heiligen Fussball und die demonstrative Müdigkeit der neuen RAN-Sendung legen nur einen Schluss nahe: Die demoralisierten Fussballfans sollen in Scharen Premiere zugetrieben werden, ein roher Kraftakt, der von den Managern der Klubs unterstützt wird - O tempora! O mores!

KAMINGESPRÄCHE: In der Speer-Biografie von Fest ist die Atmosphäre der seltsamen Nachtrunden, die sich auf dem Berghof um den Tyrannen scharten, wirklich anschaulich dargestellt: Der abwechselnd über Kunsthonig, die Schädlichkeit des Rauchens, Hunderziehung sowie Sinn und Unsinn des Skifahrens monologisierende Führer, umgeben von einer höfischen Blase, die sich innerlich Luft zufächelt und doch über alle Maßen glücklich ist, dabei zu sein...